In Weimar hat seit einigen Tagen ein neues Museum seine Türen weit geöffnet: das Haus der Weimarer Republik und Forum für Demokratie. Es ist nicht noch endgültig fertig-gestellt, aber der Ausstellungsteil, der jetzt geöffnet hat, der ist spannend und gut gestaltet.

Es ist schon bemerkenswert, dass es kein weiteres Museum in ganz Deutschland gibt, welches sich mit dem Thema „Weimarer Republik“ befasst. Noch nicht einmal das Museum für Deutsche Geschichte in Berlin; das nämlich endet mit dem Jahr 1918. Einzige Ausnahme war die Ausstellung „Demokratie aus Weimar“, die es zuletzt hier in unserem Stadtmuseum gab. Diese Situation zeigt aber auch, wie schwer wir Deutschen uns mit der Wertung dieser Weimarer Republik tun. Das betrifft ihre Verfassung, die Staatsfahne, manche Zeremonie usw., während andere Nationen auf der ganzen Welt gerade diese Verfassung und Republik gewürdigt haben. Als gestern vor 100 Jahren die Verfassung von Reichspräsident Friedrich Ebert in Schwarzburg unterzeichnet wurde, konnte man noch nicht ahnen, dass daraufhin etwa 50 Länder der Erde Etliches aus dieser Weimarer Verfassung in ihre eigenen Gesetzgebungen übernommen haben. Wahrlich, ein Ereignis von Weltgeltung – die modernste Verfassung der Welt ist hier in Weimar entstanden … Nur wir Deutschen eben, wir hadern mitunter – und das noch immer … Warum aber ist das so?

Die Republik hatte viele Geburtsfehler, keine Eliten, zu wenig Demokraten und die Last eines Versailler Vertrages zu tragen; sie war letztlich nicht erfolgreich – und da war man auch auf die Verfassung der Republik nicht immer so stolz. Wie überhaupt bis vor wenigen Jahren weltweit die Historiker noch darüber stritten, ob diese Verfassung oder aber der Versailler Vertrag zu Hitlers Machtergreifung geführt haben. Da ist man sich international mittlerweile einig geworden: Die Verfassung war es nicht!

Die Nationalsozialisten haben diese Verfassung konsequent bekämpft. Aber auch nach 1945 haben beide deutsche Staaten eine Distanz zur Weimarer Verfassung zelebriert: In der westdeutschen Bundesrepublik kursierte Jahrzehnte der Spruch „Bonn ist nicht Weimar“ – also die bewusste Abgrenzung des Bonner Grundgesetzes von der Weimarer Verfassung. Und in der DDR wurde eben diese Verfassung mitsamt ihrer Republik als Verrat an der Arbeiterklasse angesehen; denn man hätte ja lieber, es wäre eine Räte-Republik nach russischem Vorbild beschlossen worden, aber es war eine bürgerlich-demokratische Republik. Und nun, erst in den letzten Jahrzehnten, wächst so allmählich das Bewusstsein, dass auch diese Verfassung und dass auch diese Weimarer Republik viele Aspekte hatten, die positiv zu bewerten sind und die uns auch gerade heute noch nachdenklich machen müssen – trotz aller Ambivalenz: des Sowohl als Auch.

Es wurde also allerhöchste Zeit – viele Jahrzehnte hat es gebraucht –, solch eine museale Einrichtung in Deutschland zu schaffen. Und wo wäre sie da besser aufgehoben, als in unmittelbarer Nähe zur Tagungsstätte der verfassungsgebenden Nationalversammlung.

Wir haben in Weimar wahrlich viele Museen. Das mag man uns andernorts womöglich neiden. Aber: Es ist dies kein Museum für Weimar; es ist ein Museum für Deutschland und die Welt. Die Besucherströme gleich in den ersten Tagen nach der Eröffnung haben das bewiesen.

Und wir in Weimar als Touristenstadt für die kulturelle und historische Bildung sollten wohl stolz sein, dass wir nun endlich auch diesen Aspekt deutscher Geschichte in unserer Topografie der Moderne darstellen können.

Ein von der Redaktion gekürzter Kommentar von Wolfgang Renner vom 12. Aug.2019. Regelmäßig setzt er sich im Kulturreport bei Radio LOTTE Weimar mit der urbanen Entwicklung, sozio-kulturellen Ereignissen und städtischen Schauspielen auseinander.