In der Nacht zum 9. Februar 2014 haben mindestens 15 maskierte Nazis eine Kirmesveranstaltung im Clubhaus Ballstädt gestürmt. Die Täter prügelten mit Protektorenhandschuhen auf die Gemeinschaft ein und verletzten 10 Personen teils schwer. Blutlachen im gesamten Festraum und zerstörte Möbel und Gegenstände zeugen von der unvorstellbaren Brutalität des Angriffs. Schon damals war klar, dass die Täter eindeutig dem rechtsextremen Milieu entstammten und die Ballstädter Bürger*innen hier für ihr Engagement gegen rechtsextreme Strukturen im Ort bestraft worden waren.

Mehr als 3 Jahre später, im Mai 2017, folgte ein erstes Urteil: 10 Haftstrafen von bis zu dreieinhalb Jahren, eine Bewährungsstrafe, vier Freisprüche.  Letztes Jahr im Mai kippte der Bundesgerichtshof die Urteile und gab den Fall an das Landgericht Erfurt zurück, aufgrund von Mängeln in der Urteilsbegründung. Schon die lange Dauer des Revisionsverfahrens, an deren Ende diese schwer zu verdauende Entscheidung stand, traf die Opfer der Attacke sehr.

Die einzige Hoffnung war nun, dass eine Neuverhandlung schnell beginnen würde und die zuvor ausgesprochenen Strafen ein für alle Mal bestätigen würde.

Am vergangenen Mittwoch jedoch gab es nun eine Verständigungsrunde unter den Prozessbeteiligten. Ergebnis: Noch immer kein Termin für die erneute Aufnahme des Verfahrens. Und schlimmer noch: Die Angeklagten können wohl nun, aufgrund der langen Verfahrensdauer mit Bewährungsstrafen rechnen.

Sieben Jahre Verfahren ohne ein echtes Ergebnis bei einer offensichtlich rechtsextremen und menschenverachtenden Tat bedeutet ungeheure Ignoranz  gegenüber den Betroffenen des Anschlages. Es ist eine blinde Verteidigung schwerster rechtsextremer Gewalttaten und eine indirekte Beteiligung an der Stärkung und Verfestigung von Nazi-Kadern in Thüringen, seitens der Justiz. Es ist ein Versagen, das das Vertrauen in Demokratie und Rechtsstaat erodieren lässt. Hier und nicht nur im Ballstädt-Verfahren, sondern auch bei den Attentaten im Hirschgarten und AJZ Erfurt, sowie so vielen weiteren, gibt es Klärungsbedarf. Das ist man den Opfern schuldig.

Weitere Links und Informationen:

https://www.mdr.de/thueringen/west-thueringen/gotha/ballstaedt-neonazi-ueberfall-neuauflage-prozess-deal-100.html

https://www.mdr.de/video/mdr-videos/f/video-486872.html?fbclid=IwAR05ks_D0RkmqB-o7XeNgmMNVZxCnT1pNZ1O_cXRBo69s7B28inx47JsxVk

https://www.thueringer-allgemeine.de/politik/ueberfall-in-ballstaedt-ein-absolutes-versagen-der-thueringer-justiz-id231424849.html?fbclid=IwAR3enHHQmC5fzioWdwfCIfo6sCw4oLp6DcOGnYTB9oUFAvMepNrgC5eUffM